Abwasserreinigung in den Gruppenklärwerken Gaggenau und Rastatt

Das Belebungsbecken

Mechanische Reinigung

Das Abwasser durchläuft hintereinander einen Siebrechen, einen Sand- und Fettfang sowie das Vorklärbecken. Der Siebrechen hält alle Abwasserinhaltsstoffe, die größer als 6 mm sind, zurück und wirft sie in einen Container ab. Das “Rechengut“ besteht aus Toilettenpapier, Hygieneartikeln und organischen Abfällen.
In dem kombinierten Sand und Fettfang setzt sich am Boden Sand und Kies ab, in den Fettfangkammern sammeln sich Fette (Fritierfett, Bratfett) und Leichtstoffe auf der Wasseroberfläche an. Mit einem fahrbaren Räumgerät wird der verschmutzte Sand aus dem Sandfang entfernt und zur Sandwaschanlage geleitet, gleichzeitig schiebt ein Räumschild die Fettschicht in einen Sammelschacht.
Das Vorklärbecken wird mit einer geringen Geschwindigkeit durchströmt, so dass sich hier auch schon Schlamm mit einem hohen spezifischen Gewicht absetzt. Der abgesetzte Schlamm ist pumpfähig und wird zusammen mit dem Fett aus dem Fettfang der Schlammbehandlung zugeführt 

Jetzt kann man schon mit bloßem Auge eine deutliche Klärung des Abwassers gegenüber dem Zulauf erkennen, der Geruch erinnert jedoch noch stark an Jauche. Bis ca. 1980 wurden die Abwässer in den Klärwerken Rastatt und Gaggenau nur mechanisch gereinigt.

Übersicht: Mechanische Vorbehandlung

Belebung und Nachklärung

Die Belebungsbecken und die Nachklärbecken bilden ein System, das hintereinander durchströmt wird.
Das mechanisch gereinigte Abwasser wird in den Belebungsbecken nach dem Belebtschlammverfahren behandelt. Mit Gebläsen wird Luft in die Becken gepumpt, Mikroorganismen bauen die jetzt größtenteils gelösten Inhaltsstoffe des Abwassers ab, der aus dem Harnstoff entstehende Ammoniak wird über Nitrit zu Nitrat oxidiert, es bilden sich Schlammflocken. Über den Sauerstoffgehalt, die zulaufende Abwassermenge und die Anzahl der Mikroorganismen in den Becken werden ideale Lebensbedingungen für Abwasserreinigenden Organismen geschaffen. Das Gemisch aus Wasser und Schlammflocken nennt man Belebtschlamm.

Der Belebtschlamm aus den Belebungsbecken setzt sich in den Nachklärbecken ab. Es bildet sich eine Klarwasserzone im Bereich des Wasserspiegels und eine Schlammschicht am Boden der Becken. Die Schlammschicht wird mit einem Räumschild in den Schlammtrichter geschoben und gelangt wieder zurück in die Belebungsbecken, überschüssiger Schlamm wird der Schlammbehandlung zugeführt.

Das an der Oberfläche der Nachklärbecken abgeleitete Wasser ist optisch mit Regenwasser vergleichbar, es ist klar und hat keinen unangenehmen Geruch mehr. Nur durch eine chemische Analyse lassen sich jetzt noch geringe Restverschmutzungen nachweisen.

Übersicht: Vorklärung bis Zwischenpumpwerk

Entfernung von gelösten Nährstoffen

Die beiden Klärwerke Rastatt und Gaggenau sind in der Lage, die im Abwasser enthaltenen Nährstoffe (Stickstoffverbindungen, Phosphorverbindungen) biologisch zu entfernen. Diese Nährstoffe führen zu einem starken Wachstum von Wasserpflanzen (Eutrophierung) der Gewässer. In den Kläranlagen wurden spezielle Anaerob- und Denitrifikationsbecken eingerichtet.

Verteilungsbauwerk der Kläranlage Rastatt

Hinter den chemischen Bezeichnungen verbergen sich unbelüftete Beckenbereiche, in denen Rührwerke das Abwasser- / Belebtschlamm- Gemisch umwälzen. Durch eine geschickte Kreislaufführung von Belebtschlamm werden die Mikroorganismen so belastet, dass in den belüfteten Zonen mehr Phosphat aufgenommen als im Anaerobbecken abgegeben wird. Sollten nach dieser Behandlung noch Phosphat im Ablaufwasser enthalten sein, so muss eine geringe Menge Fällmittel (Metallsalze) zudosiert werden. Das Phosphat wird zusammen mit dem Überschussschlamm der Schlammbehandlung zugeführt.

 

 Übersicht: Belebungsstraße und Nachklärung

In den Denitrifikationsbecken zerlegen bestimmte Mikroorganismen die Stickstoffverbindungen(Nitrat) soweit, daß elementarer Stickstoff entsteht. Der Stickstoff entweicht dann als geruchsfreies Gas.

Entfernung von gelösten Spurenstoffen

Bereits 2016 gab es beim Abwasserverband Murg erste Überlegungen zur Entfernung von Spurenstoffen aus dem Abwasser im Verbandsgebiet. Studien zur Machbarkeit und Konzepte zur Umsetzung schlossen sich in den Folgejahren an. Im November 2019 erfolgte die Auftragsvergabe an das mit der Planung beauftragte Ingenieurbüro.

Spurenstoffe im Abwasser


Der Baubeginn im Gruppenklärwerk Gaggenau war im Januar 2024. Die Fertigstellung wird zur Jahresmitte 2026 erfolgen. Verbaut werden rund 8,6 Mio. Euro. Gefördert wird die Baumaßnahme vom Land Baden-Württemberg mit ca. 20% der Baukosten.
Der Baubeginn im Gruppenklärwerk Rastatt war im Juni 2023, auch hier wird mit einer Fertigstellung im Juni 2026 gerechnet. Verbaut werden rund 18 Mio. Euro. Gefördert wird die Baumaßnahme vom Land Baden-Württemberg ebenfalls mit ca. 20% der Baukosten.
Zu organischen Spurenstoffen zählen zum Beispiel Rückstände von Medikamenten, Röntgenkontrastmitteln, Haushalts- und Industriechemikalien. Diese gelangen über Medikamente, Körperpflegemittel oder auch die Industrie in das Abwassersystem.
Eine Möglichkeit der Entfernung von Spurenstoffen besteht darin, dem bereits vorgereinigten Abwasser Aktivkohle zuzuführen. An diese Aktivkohlepartikel lagern sich viele Spurenstoffe an. Über eine Tuchfiltration wird die Aktivkohle wieder aus dem Abwasser herausgefiltert und damit eben auch die angelagerten Spurenstoffe. Für diese Technik hat sich der Abwasserverband Murg entschieden.
Spurenstoffe haben vielfältige negative Auswirkungen in der Umwelt. Nachgewiesen sind inzwischen beispielsweise negative Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit bei Fischen, Verhaltensänderungen bei Wasserlebewesen, Schädigungen von Erbgut bei Wasserlebewesen und Beeinträchtigungen des Immunsystems von Vögeln. Spurenstoffe werden von Organismen auch in den Körper eingelagert und erreichen über die Nahrungskette so letztendlich wieder den Menschen.
Im November 2024 hat die Europäische Union (EU) final die neue Kommunalabwasserrichtlinie (KARL) verabschiedet, in der sich nun auch Vorgaben zur Eliminierung von Spurenstoffen aus Abwasser sowie ein zeitlicher Rahmen zur Umsetzung finden.

bersicht: Belebungsstraße und Nachklärung

 

Schlammbehandlung in den Kläranlagen Rastatt und Gaggenau

Nachdem das Wasser von seiner Schmutzfracht befreit ist, kann es in die Murg abgeleitet werden. Was aber geschieht mit dem Schlamm?
Der Schlamm des Gruppenklärwerks Gaggenau wird mit einem LKW zum Gruppenklärwerk Rastatt transportiert. Dort wird der Schlamm beider Klärwerke gemeinsam weiterbehandelt.

Mit Pumpen werden die Schlämme, die immer noch einen Wassergehalt über 99 % haben, in die Voreindicker gefördert. Ähnlich wie bei den Vorklärbecken und Nachklärbecken hilft auch hier die Schwerkraft bei der Trennung von “Trübwasser“ und Schlamm. 

Das Trübwasser kann von der Oberfläche abgezogen werden und
gelangt dann wieder in den Kläranlagenzulauf. Der verbleibende, eingedickte Schlamm hat einen Wassergehalt von ca. 97 %.

Blockheizkraftwerk in Rastatt

Schlammfaulung

Der Schlamm wird nun in Faultürmen behandelt. Wie in den Belebungsbecken werden die organischen Substanzen im Schlamm von Mikroorganismen abgebaut, bei der Faulung geschieht dies jedoch in einem anaeroben Milieu, d.h. unter Luftabschluß.

Übersicht: Schlammfaulung bis Schlammtrocknung

Bei diesem Prozeß entsteht Methangas, welches in Gasmotoren zur Strom und Wärmeerzeugung verwendet wird. Der selbst erzeugte Strom deckt ca. 50 % des Bedarfs, mit der Wärme werden die Faultürme und die Betriebsgebäude beheizt.

Übersicht: Gasverwertung

Nach ca. 20 Tagen Aufenthaltszeit ist der Schlamm ausgefault. Nach einer anschließenden Zwischenlagerung im Schlammsilo wird der Schlamm in eine thermische Entsorgung (Verbrennung) gefahren.